Springborngeschichtel

Erzählt vom Exclubchef  Matthias Braun

Wer mich kennt, weiß daß ich gern weit aushole um etwas zu berichten. Möglicherweise entspringt diese Neigung meiner Vorliebe für kleine Geschichtchen, und ich freue mich jetzt darauf, mal eine aufschreiben zu können. Da ich schon hin und wieder erfahren habe, wie genervt manch ein Zuhörer tat, der meinte ich käme nicht zur Sache, will ich zu Beginn gleich eins sagen: Das Internet macht‘s einfach – Ungeduldige können gleich weiterblättern und ich kann erzählen, wie es mir gefällt.

Wer von Euch kennt nicht die hübsche Quelle im oberen Bielatal, die sich am Weg unterhalb der Verlassenen Wand befindet. Sie wird Springborn oder auch Singeborn genannt, weil hier das Wasser so lustig aus dem Sandboden brodelt. Ich könnte mich jedenfalls stundenlang neben diese Quelle stellen und zusehen, wie es da fröhlich im Sande kocht und Blase für Blase aus dem Boden steigt.

Leider komme ich aber nur allzu oft an der Quelle vorbei, wenn mich bereits mein Klettertrieb umgarnt hat. Ist dann am Springborn meine Wasserration für den Tag abgefüllt, treibt es mich schon weiter zu einem unserer schönen Sandsteinfelsen. Und wie selbstverständlich werde ich bei meinem Tun vom Wasser der netten kleinen Quelle begleitet und unterstützt. So wie mir wird es wohl vielen von Euch Kletterern und Wanderern gehen, wenn sie im Bielatal unterwegs sind und deshalb möchte ich Euch aus dem Jahr 1996 berichten, als sich einige Rucksachsen mal etwas mehr Zeit für dieses kleine Stückchen Natur nahmen.

Damals ging es der Quelle ziemlich schlecht. Irgendwann vor der Wende wurde ihr, warum und von wem weiß ich nicht, ein Betonbrunnenring übergestülpt und ihr Wasser floß aus einem Plasteschlauch ab. Das Laub fiel in das Quellengefängnis mit hinein und es entwickelte sich darin eine dicke Schlickschicht, die die Schönheit der Wasseraustrittsstelle gänzlich verbarg.

Manch einer hat sich über diesen Zustand aufgeregt, aber nichts damit bewirkt. Bei solch einer Diskussion beim Kioskbier ist mir dann aufgegangen, was die Quelle wirklich braucht: nämlich tätige Hilfe.

Damals hatte unser Kletterklub Ruchsachsen durch die Übernahme des Riegelhofes als Betreuungsgebiet ersten Kontakt zur Forstbehörde, so daß ich gleich mal nachfragte, wer hier seinen Segen geben mußte, bevor wir zupacken konnten.

Was ich dabei erfuhr, versetzte aber zunächst alle Rucksachsen in Aufregung. Denn der Arbeitsbeschaffungsverein aus dem Ort Bielatal hatte ebenfalls erkannt, daß es an der Quelle was zu tun gibt und sich beim Forst um Baubewilligung und -finanzierung bemüht. Nur sollte hier in selbstherrlicher Weise viel Aufwand getrieben werden und mich schauderte bei der Einsicht der Pläne für einen Sandsteinbrunnen als Tourismusattraktion.

Jetzt mußten wir also auch noch schnell handeln, um noch größeren Schaden zu vermeiden. Schnell war unser Vorschlag für eine neuen Quellenfassung zu Papier gebracht und an den Forst gesandt. Nach einiger Zeit des unruhigen Wartens wurde dann behördlich entschieden. Die billigste Lösung bekam auch hier den Zuschlag und wir Glücklichen durften bauen.

Auf dem nächsten Klubabend, es müßte Mai gewesen sein, stiftete unser Robert auf den Erfolg eine prächtige Eichenbohle für die Quelleneinfassung und nach der ersten Bierrunde war auch mir verständlich, daß der zu bauende Kasten nicht einfach nur viereckig werden durfte. Bei der nächsten kam die Idee, die dann mit viel Klamauk gleich umgesetzt wurde. Wir zimmerten einen wabenförmigen Querschnitt und waren sehr zufrieden mit unserem Werk, was wiederum Auswirkung auf unseren Bierkonsum hatte.

Kurze Zeit darauf schritten wir zur Tat, zerlegten vor Ort mit kräftigen Hammerschlägen den lästigen Betonring und ersetzten seine Stützfunktion gegen das Erdreich durch unsere rustikale Eichenholzkonstruktion.

Was sich allerdings daraufhin ereignete, setzte selbst unseren angehenden Wasserwirtschaftler Uli in Erstaunen. Der aufgesetzte Kasten war dicht und so beobachteten wir mit Genugtuung, wie der Wasserspiegel in seinem Inneren stetig stieg. Doch plötzlich hörte die Quelle auf zu sprudeln. Wir begannen gerade lange Gesichter zu machen, denn offenbar hatten wir die Quelle zum Versiegen gebracht, als unvermittelt mit einem Flupp eine neue Quelle aus dem Hang brach. Wir hatten in unserer neuen Quellenfassung mehr Wasser aufgestaut, als vorher im Betonring stand, so daß sich das Wasser wegen der veränderten Druckverhältnisse einen neuen Weg bahnte.

Schnell hoben wir nochmals unseren Kasten, um die Quelle zu entlasten und verbrachten alsdann noch einige Zeit für das Regulieren des Wasserstandes, indem wir einen V- förmigen Ablauf einarbeiteten.

Nun hat die Quelle wieder Ihren gewohnten Wasserspiegel und kann weiter kräftig ‘‘springen‘‘. Hernach galt es nur noch etwas aufzuräumen, denn schon machte sich in uns die bekannte bierdürstende Gemütlichkeit breit. Daher verzichteten wir bewußt auf den angedachten Neubau der Zuwegung, denn der vorhandene Pfad erschien uns als ausreichend. Außerdem wollten wir nicht noch mehr Aufmerksamkeit auf den stillen Ort lenken, als er ohnehin bereits besaß.

So fanden wir uns kurze Zeit später im Kiosk an der Ottomühle wieder, quasi dem Ort der geistigen Vorbereitung unserer Aktion, und stießen auf das lange Fortbestehen unseres Werkes an, natürlich nicht mit Wasser.

Das wäre ein schönes Ende für unsere kleine Geschichte gewesen, doch leider ereignen sich im Leben manchmal ungewollte Dinge, nur weil man eine Kleinigkeit nicht bedacht hat.

So ist in diesem Fall vom Forst nochmals mitgemischt worden, indem von ihm als Quellenzugang der breite und vor allem verkehrssichere Steg angelegt wurde, den Ihr ja alle kennt, denn der ist ja nun wirklich nicht zu übersehen.